Daniele Scolari ist ein Geigenbauer, dessen Weg in der neuen Schule von Cremona begonnen hat – Porträt über einen Repräsentanten der „zweiten Generation"
Die Wiedergeburt des Cremoneser Geigenbaus in den 1950er und 60er Jahren eröffnete eine neue Blütezeit der Kunst Stradivaris in seiner norditalienischen Heimat. Dass dieser Aufbruch nicht zu einer Fußnote der Kulturgeschichte wurde, ist nicht allein Meistern wie Pietro Sgarabotto, Gio Batta Morassi oder Francesco Bissolotti zu verdanken, die die neue „Scuola di Liuteria“ prägten. Denn ohne die talentierten Geigenbauer der zweiten und dritten Generation, ohne ihre Treue zu den wiederentdeckten Traditionen der alten Meister und ihre Bereitschaft, ihr Wissen in Lehre und kollegialer Zusammenarbeit zu teilen, hätte diese Geschichte wohl einen anderen Verlauf genommen.
Zu ihren bedeutenden Protagonisten gehört der 1961 geborene Daniele Scolari, der seine Ausbildung unter Gio Batta Morassi absolvierte und im Jahr 1979 erfolgreich abschloss – wie neun Jahre zuvor sein älterer Bruder Giorgio Scolari, der anschließend sechs Jahre lang in der Werkstatt seines Lehrers mitarbeitete. Seine tiefe Kenntnis der neuen Cremoneser Schule gab er ab 1980 an Daniele Scolari weiter, der seinen Stil im gemeinsamen Atelier vervollkommnen und individualisieren konnte. Bis heute führen die beiden Scolaris in der Via Virgilio ihr familiäres Geschäft – eine der ersten Adressen in der traditionsreichen Stadt, wenn es um qualitätvolle Streichinstrumente geht, und ein Symbol für die vielschichtigen Verbindungen zwischen den Generationen.
Beim Bau seiner Geigen, Bratschen und Celli lässt sich Daniele Scolari größtenteils durch Modelle der Klassiker Stradivari und Guarneri inspirieren. (Violine von Daniele Scolari, Cremona). Mit ihren facettenreichen Klangeigenschaften und ihrem charakteristischen, bräunlich-orangefarbenen Lack hat sich Scolari weit über Italien hinaus einen guten Namen erworben, und genießt auch als Reparateur und Restaurateur vorzügliches Renommee. Das hervorragende Niveau seiner Arbeit bestätigt eine Reihe bedeutender Auszeichnungen: So erhielt er bereits 1984 beim Geigenbauwettbewerb in Bagnacavallo eine Goldmedaille für den besten Lack; 1986 folgten ebenda eine Silbermedaille für eine Violine sowie 1988 zwei Bronzemedaillen für eine Violine und eine Viola. Seine konstante Präsenz auf internationalen Fachausstellungen wie der „Mondomusica“ und seine Berufung zum Juror der nationalen Geigenbauwettbewerbe in Pisogne und Mozzate belegen den Stellenwert, der Daniele Scolari im zeitgenössischen italienischen Geigenbau zukommt.
Um das ihm vermittelte Wissen und Können nicht nur selbst produktiv zu nutzen, sondern es auch an die nachrückende Generation junger Zunftkollegen weiterzuvermitteln und so die Bedeutung Cremonas in die Zukunft fortzuschreiben, wirkt Daniele Scolari seit 1996 an seiner ehemaligen Ausbildungsstätte als Lehrer für Konstruktion und Lackarbeit. Auch darin folgte er dem Beispiel seines Bruders, der bereits seit 1973 zum Kollegium gehört; und wie Giorgio, der Klavier und Orgel studiert hat, pflegt Daniele Scolari außerhalb der Werkstatt ein anspruchsvolles musikalisches Leben: Als Kirchenorganist und Leiter eines Vokal- und eines Instrumentalensembles liegen ihm Kompositionen der späten Renaissance und des Barock besonders am Herzen – Epochen, aus denen er sowohl in der Musik als auch im Geigenbau immer wieder entscheidende Inspiration bezieht.
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